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Vorhofflimmern: Neue Erkenntnisse mit weltweitem Einfluss

St. Vincenz-Chefarzt Götte an europaweiter Studie beteiligt

Die aktuellen Erkenntnisse aus einer Langzeitstudie rund um das Vorhofflimmern werden die bisherigen anerkannten Leitlinien auf den Kopf stellen – zu diesem Ergebnis kam ein Forscher-Team, bei dem auch St. Vincenz-Chefarzt Prof. Dr. Andreas Götte eine große Verantwortung für die Studiendurchführung im Auftrag des „Kompetenznetzes Vorhofflimmern“ trug. Bisher plädierten Behandlungsleitlinien dafür, Patienten selbst mit Vorstufen von Vorhofflimmern mit Blutverdünnern zu behandeln. Doch die Experten stellten fest: Diese Behandlungsmethode führt zu Blutungen, ohne Schlaganfälle zu verhindern. 

Prof. Dr. Andreas Götte

„Es ist bereits bewiesen, dass Frühformen des Vorhofflimmerns – die sogenannte atriale Hochfrequenzepisoden (AHRE) − das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, erhöhen können. Dies sind sehr kurze und seltene Rhythmusstörungen, die implantierte Herzschrittmacher, Defibrillatoren und Ereignisrekorder nachweisen. Diesen Patienten wird häufig eine Behandlung mit Blutverdünnern angeboten – selbst dann, wenn ein eindeutiges Vorhofflimmern im EKG nicht dokumentiert wurde“, erklärt Prof. Dr. Götte. Doch die Wirksamkeit und Sicherheit der Gerinnungshemmer sei bei Menschen mit AHRE noch nie geprüft worden. Bisher war unklar, ob die Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten, vorteilhaft oder nachteilig für diese Patienten mit AHRE ist. Die Studie NOAH –AFNET 6 Studie brachte nun Licht ins Dunkel. 
Unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Paulus Kirchhof des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, wurden 2536 Patienten in 206 Studienzentren aus ganz Europa sechs Jahre lang untersucht und behandelt – darunter waren auch 12 Patienten des St. Vincenz-Krankenhauses. Die Ergebnisse waren überraschend: Im Hinblick auf Schlaganfälle, Embolien und Tod durch Herz-Kreislauferkrankungen gab es keine Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen. Schwere Blutungen oder der Tod durch Herz-Kreislauferkrankungen traten hingegen bei den Menschen häufiger auf, die das gerinnungshemmende Medikament einnahmen. Prof. Dr. Kirchhof ordnet ein: „Die niedrige Schlaganfallquote mit und ohne Gerinnungshemmung war unerwartet. Die Ergebnisse der Studie sprechen klar dafür, Vorhofflimmern zuerst im EKG zu bestätigen, bevor eine blutverdünnende Behandlung eingeleitet wird. Obwohl AHRE dem Vorhofflimmern ähneln, haben wir gezeigt, dass die betroffenen Patienten besser ohne Blutverdünner behandelt werden.“
„Unsere Ergebnisse untermauern Daten aus anderen Studien, die bereits vermuten ließen, dass Gerinnungshemmer bei Patienten mit AHRE möglicherweise weniger wirksam Schlaganfälle verhindern als bisher angenommen. Weitere Forschung ist nun nötig, um herauszufinden, welche Patienten mit AHRE ein hohes Schlaganfallrisiko haben und wie sie am besten behandelt werden sollten. Trotz der beachtlichen Fortschritte in den vergangenen Jahren, sterben immer noch viele Menschen an den Folgen von Vorhofflimmern“, so Götte.
Die neue Studienlage und Ergebnisse stellten das Forscher-Team nun bei der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und im New England Journal of Medicine vor. Für das Team rund um Prof. Götte ist diese Publikation ein echter Ritterschlag: „Nur wenige nicht-universitäre Kliniken in Deutschland können von sich behaupten, in den bedeutendsten Fachzeitschriften der Welt vertreten zu sein.“

NOAH –AFNET 6
NOAH steht für „Non-vitamin K antagonist Oral anticoagulants in patients with Atrial High rate episodes“ und untersuchte, ob bei Menschen mit AHRE eine gerinnungshemmende Behandlung Schlaganfälle, kardiovaskuläre Todesfälle und Embolien verhindert. Prof. Dr. Götte ist seit 2003 Mitglied im Kompetenznetz „Vorhofflimmern“ (AF-Netz), welches initial durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wurde und ein eingetragener Verein ist. Im Rahmen des Kompetenznetzes werden Grundlagenforschung, klinische Studien sowie Register bundesweit durchgeführt. 
Foto: Prof. Dr. Andreas Götte, Chefarzt der Medizinischen Klinik II